Der Traum des selbstbestimmten Abbruchs einer ungewollten Schwangerschaft ist vorerst beendet. Ich hatte 2021 große Hoffnungen in die Ampel-Koalition im Bundestag gesetzt, dass es endlich eine liberale Mehrheit für eine Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs gibt. Frauen sollen die Freiheit haben, selbst zu entscheiden, ob sie eine Schwangerschaft austragen oder abbrechen: Mein Körper, meine Entscheidung. Wann, wenn nicht jetzt in einer Koalition mit den Grünen und der FDP, dachte ich damals.
Am Ende war es jedoch die so „freiheitsliebende“ FDP um Justizminister Marco Buschmann, die einen Gesetzentwurf blockierte. Irgendwann zwischen den 1970er Jahren und heute hat die FDP entschieden, dass Freiheit ein Wert ist, der nur noch für Märkte, Kapital und Profit Gültigkeit hat, nicht aber für die Entscheidungsfreiheit von Menschen. Die Freiheit von Frauen und Mädchen erwirtschaftet nun einmal keine Rendite…
Eine weitere Chance wurde vor ein paar Tagen vergeben. Nach dem Bruch der Ampel brachten über 300 Abgeordnete von SPD, Grünen und Linken einen Gesetzentwurf als Gruppenantrag in den Bundestag ein. Die Chancen standen gut, dass man im Parlament eine Mehrheit hierfür findet.
Der Schwangerschaftsabbruch sollte zukünftig nicht mehr im Strafgesetzbuch, sondern im Schwangerschaftskonfliktgesetz geregelt werden. Er sollte bis zum Ende der zwölften Schwangerschaftswoche rechtmäßig sein. Einzige Bedingung: ein Beratungsgespräch wie bisher. Dies war ein Kompromiss, der es auch Unions-Abgeordneten ermöglichen sollte, dem Gesetz zuzustimmen. Doch dazu kommt es nun nicht mehr. Im Rechtsausschuss wurde der Antrag mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD von der Tagesordnung genommen. Damit wird der alte Bundestag nicht mehr über den Antrag entscheiden. Leider war dieser Beschluss so nur möglich, weil sich die SPD bei der Abstimmung enthielt. In einer zukünftigen Koalition mit der CDU werden weitere Vorstöße zur Umsetzung der körperlichen Selbstbestimmung von Frauen keine Aussicht auf Erfolg haben.
Aber was hat dies nun mit Nordrhein-Westfalen zu tun? Die ELSA-Studie, eine von der Bundesregierung in Auftrag gegebene umfangreiche Studie zu Erfahrungen und Lebenslagen ungewollt schwangerer Frauen und der Versorgungslage bei Schwangerschaftsabbrüchen, zeigt, dass die Versorgungslage bei einem Schwangerschaftsabbruch in ganz Deutschland schlecht ist. In Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg ist sie nochmal schlechter. In Bayern mit weitem Abstand am schlechtesten.

Es gibt schlicht zu wenig Gynäkolog*innen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen. Ein Grund dafür ist die unsichere rechtliche Lage aufgrund des Paragrafen 218 im Strafgesetzbuch. Aber auch fehlende Aus- und Weiterbildung und mangelnde Ausstattung in der Praxis sind weitere Gründe hierfür. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Gynäkolog*innen, die in Nordrhein-Westfalen Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen.
Die Lage ist also kritisch. Deshalb hatten wir bereits vor knapp einem Jahr im Landtag einen Antrag eingebracht, der die Landesregierung auffordert, die Versorgungslage und die Aus-/Weiterbildung zu verbessern. Außerdem fordern wir einen Rechtsanspruch auf medizinische Versorgung, so wie ihn das Land Bremen bereits eingeführt hat.
Unser Antrag geht nun in die finale Runde. In der Plenarwoche Ende März wird der Antrag abschließend beraten. Leider ist auch hier absehbar, dass der Antrag abgelehnt wird und sich an der unzureichenden Versorgungslage in naher Zukunft nichts ändern wird.
Und jetzt? Nun heißt es, die Abschaffung des Paragrafen 218 von vorne zu planen. Wir brauchen einen gesellschaftlichen Diskurs. Eine Mehrheit in unserer Gesellschaft befürwortet den selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch. Nun müssen wir – Frauenverbände, Parteien, Wohlfahrtsverbände etc. – uns zusammenschließen und aufzeigen, dass dies nur mit einer Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs möglich sein wird. Vor allem müssen wir dem gesellschaftlichen Rollback, der Frauenrechte zur Disposition stellt, entgegentreten. Frauen, lasst uns lauter werden und neue Mitstreiter*innen für unsere Sache gewinnen!
SPD-Antrag „Mein Körper! Meine Entscheidung! Nordrhein-Westfalen muss die Erkenntnisse der ELSA-Studie ernstnehmen und ein ausreichendes Angebot zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen sicherstellen!“: rb.gy/pnej3o