Die SPD-Fraktion im Landtag NRW will Verschickungskindern bei der Aufarbeitung ihrer Geschichte helfen – auch Betroffene aus Dortmund können sich an Selbsthilfegruppe wenden. Hierzu erklären die Dortmunder SPD-Landtagsabgeordneten Nadja Lüders, Anja Butschkau, Armin Jahl und Volkan Baran:
Sie wurden millionenfach weggeschickt. Von heute auf morgen, im Kindesalter. Meist mehrere Wochen weg von zuhause. Zur Erholung oder Kur hieß es stets. Aber das, was die „Verschickungskinder“ während ihres Aufenthaltes in Heimen ereilte, waren nicht selten Angst und Schrecken. Essenszwang, Prügel, Drangsal waren an der Tagesordnung. Bis heute ist ungeklärt, wer für die sogenannte Verschickung verantwortlich war. Fest steht nur, dass das System seit den 1950er bis in die 1990er Jahre existierte. Viele Betroffene leiden bis heute darunter, zum Teil unter schweren Depressionen und Angstzuständen. Erst langsam beginnen sie zu verstehen, was mit ihnen passiert ist. Und sie haben begonnen, sich zu finden und sich zu artikulieren.
Inzwischen hat sich eine NRW-weite Selbsthilfegruppe gegründet, die auf ihr Thema verstärkt aufmerksam macht. Auch Betroffene aus Dortmund können sich an diese Selbsthilfegruppe wenden und in den gemeinsamen Austausch kommen.
Armin Jahl erklärt: „Die SPD-Fraktion im Land setzt sich für die Belange der Verschickungskinder ein und hat dazu für die nächste Sitzung des NRW-Landtag in der kommenden Woche (7./8. Oktober) einen Antrag gestellt.“ Darin fordert sie die Landesregierung dazu auf, sich ihrer Verantwortung zu stellen und die Aufklärung und Aufarbeitung des Themas voranzutreiben. „Es geht darum, das Leid der Betroffenen deutlich zu machen und endlich anzuerkennen“, sagt dazu Nadja Lüders.
Zu diesem Zweck solle die Landesregierung neben therapeutischen Angeboten für die Betroffenen auch den Aufbau einer Geschäftsstelle vorantreiben. „Wir wollen den Verschickungskindern dabei helfen, Zugang zu Archiven zu bekommen und eine eigene Organisationsstruktur aufzubauen“, sagt Volkan Baran. „Dazu muss das Land die nötigen Mittel bereitstellen. Das hat auch was mit Verantwortungsbereitschaft zu tun.“
Wichtig ist den SPD-Parlamentariern, dass ihre Initiative möglichst breite Unterstützung findet und im Konsens über die Zielsetzung diskutiert wird. Anja Butschkau: „Das Schicksal der Betroffenen eignet sich nicht zu parteipolitischer Auseinandersetzung. Wir sind es ihnen schuldig, dass wir hier gemeinsam an einem Strang ziehen.“
Der Antrag der SPD-Fraktion wird kommende Woche im Plenum beraten. Betroffene können sich an verschickungskind@t-online.de wenden.